Sicherung von Bauforderungen

    

BGB § 823 Abs. 2; GSB §§ 1, 2

     

Ein Generalunternehmer als Empfänger von Baugeld kann sich nur dann vom Vorwurf der zweckwidrigen Verwendung befreien, wenn er einen Verwendungsnachweis hinsichtlich der insgesamt erhaltenen Beträge  erbringt. (Leitsatz des Gerichts)

Oberlandesgericht Dresden, 12. Zivilsenat, Urteil vom 23. 6. 1999; 12 U 637/99 (rechtskräftig)

    

Aus den Gründen: Die Berufung der Beklagten ist... zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf  Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeld seitens der Beklagten in Höhe von 20 645,60 DM (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 1, 5 GSB).

   

1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Regelungen des GSB nicht nur für einen Bauherrn, sondern auch für einen Generalunternehmer (wie die S-GmbH, deren Geschäftsführer die beiden Beklagten waren) gelten, welcher Baugeld empfangen hat. Daher kann offen bleiben, ob die S. als Generalübernehmer tätig geworden ist. Der Schutzbereich des Gesetzes umfasst auch diese Fälle, wenn der Generalübernehmer über den Erwerber oder unmittelbar von einem Kreditinstitut entsprechend dem Baufortschritt Baugelder erhält (BGH BauR 86, 235; BGH VersR 82, 193; BGH VersR 84, 1071).

2. Die S-GmbH ist als Empfänger von Baugeld anzusehen. Als ehemalige Geschäftsführer der GmbH haften die beiden Beklagten persönlich. Zwar ist ein haftungsrechtlicher Zugriff auf die Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung grundsätzlich nicht möglich. Für den Fall, dass der Empfänger des Baugeldes eine juristische Person ist, haften ausnahmsweise die Geschäftsführer persönlich. Der Sinn und Zweck der Regelung, nämlich die zweckgerechte Verwendung des Baugeldes, würde nicht erfüllt, wenn im Falle des Bauträgerkonkurses ein Zugriff auf die verfügungsbefugten natürlichen Personen unmöglich wäre. Wenn und soweit die Beklagten in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer vorsätzlich gegen ihre Verwendungspflicht aus § 1 Abs. 1 GSB verstoßen haben und deshalb die Werklohnforderung des Klägers nicht erfüllt wird, ist deshalb eine Verurteilung der Geschäftsführer persönlich möglich (BGH BauR 86, 370; BGH VersR 84, 1071; BGH VersR 82, 193). Bei der vom Bauherrn geleisteten Zahlung in Höhe von jedenfalls 606 420,00 DM handelt es sich um Baugeld (§ 1 Abs. 3 GSB). Baugeld sind solche Geldbeträge, die durch eine besondere Sicherung des Geldgebers gekennzeichnet sind, indem zum Zweck dieser Sicherung Grundpfandrechte eingetragen wurden (BGH BauR 86, 235; Schlenger, ZfBR 83, 104). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Von den insgesamt vom  Bauherrn an die S. gezahlten 1 596 420,00 DM waren das Eigenkapitaldarlehen der Deutschen Ausgleichsbank in Höhe von 700 000,00 DM und die Betriebsmittel in Höhe von 290 000,00 DM (Betriebs- und  Geschäftsausstattung, Vorführwagen) abzuziehen, da es sich hierbei um Zahlungen handelt, welche nicht Baukosten betreffen und auch nicht durch entsprechende Grundpfandrechte abgesichert waren. Daraus ergibt sich ein Baugeld in Höhe von jedenfalls 606 420,00 DM. Diesen Betrag hat das Landgericht in einer nicht zu beanstandenden Beweisaufnahme festgestellt. Die vom Landgericht vernommenen Zeugen haben in diesem Sinne ausgesagt und zudem bestätigt, dass die weiteren Darlehen in Höhe von 500 000,00 DM (SAB-Darlehen) und 1 Mio. DM (ERP-Darlehen) durch die S-GmbH an den Bauherren ausgezahlt und dafür Grundpfandrechte an dem zu bebauenden Grundstück eingetragen wurden. Insofern kann offen bleiben, ob die Betriebsmittel in Höhe von 290 000,00 DM; entsprechend dem Vortrag des Klägers; als Baugeld anzusehen sind. Mindestens in Höhe von 606 420,00 DM liegt jedenfalls Baugeld vor.

3. Die Beklagten haben in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der S-GmbH das Baugeld zweckwidrig verwendet. Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, dass die Beklagten Empfänger von Baugeld jedenfalls in Höhe von 606 420,00 DM waren und er gegen diese eine fällige Werklohnforderung in Höhe von zumindest 20 645,60 DM für die Durchführung von Fliesenarbeiten hat. Weiter hat er dargetan, dass bei dem Beklagten nichts mehr von dem Baugeld vorhanden ist, um seine Forderung zu befriedigen. Damit hat der Kläger einen Verstoß gegen die Verwendungspflicht des § 1 Abs. 1 GSB hinreichend dargelegt, so dass nun die Beklagten die Darlegungslast für die ordnungsgemäße Verwendung des Baugeldes trifft (BGH BauR 91, 96; BGH VersR 87, 614; BGH VersR 88, 291). Dieser Darlegungslast sind die Beklagten nicht nachgekommen. Entgegen ihren Ausführungen führen die behaupteten Zahlungen an die Handwerker in Höhe von insgesamt 1 018 000,00 DM nicht dazu, dass von einer zweckgemäßen Verwendung des Baugeldes auszugehen sei. Der Vortrag ist insoweit unschlüssig. Die Beklagten können nicht einzelne Zahlungen an Handwerker herausgreifen und behaupten, das Baugeld sei vollständig zur Zahlung dieser Arbeiten verwendet worden. Es ist nämlich nicht nachprüfbar, welche konkreten Verbindlichkeiten die S-GmbH ansonsten noch beglichen hat. Immerhin hat der Bauherr insgesamt 1 596 420,00 DM an die GmbH gezahlt, und letztere hat eine Auflistung der Zahlungen nur in Höhe von 1 018 000,00 DM vorgetragen. Für einen schlüssigen Vortrag wäre die Vorlage eines Gesamtverwendungsnachweises bezüglich des Baugeldes erforderlich gewesen, um ermitteln zu können, an wen die S. welche Zahlungen aus dem insgesamt erhaltenen Geld geleistet hat.

4. Die Beklagten haben bei der zweckwidrigen Verwendung des Baugeldes vorsätzlich gehandelt. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Beklagten Kenntnis; jedenfalls in Form des dolus eventualis; von der Tatsache hatten, dass es sich um Baugeld handelte, welches durch Darlehen des Bauherrn finanziert und durch eine Grundschuld abgesichert wurde. Regelmäßig werden Bauvorhaben durch Darlehen von Banken finanziert, die sich durch entsprechende Grundpfandrechte absichern. Dabei ist auch nicht zu übersehen, dass eine Absicherung von Krediten durch Grundpfandrechte mit erheblichen Vorteilen verbunden ist, insbesondere mit geringeren Zinsen. So tragen die Beklagten auch keinerlei Umstände für die Annahme vor, dass der Gewerbebetrieb des Bauherrn in den neuen Bundesländern Rücklagen in Höhe von ca. 1,8 Mio. DM gemacht habe, die es ihm ermöglicht hätten, das Bauvorhaben ohne Darlehen zu finanzieren. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass sich die Beklagten den Tatsachen verschlossen haben, die sich einem durchschnittlichen Generalunternehmer für Bauvorhaben aufdrängen mussten. Sie haben eine Absicherung durch Darlehen und Grundpfandrechte für nicht ganz fernliegend erhalten und einen Verstoß gegen die Verwendungspflicht des § 1 Abs. 1 GSB billigend in Kauf genommen. Ein solches Verhalten reicht für die Annahme des Vorsatzes aus (BGH BauR 89, 758; BGH VersR 87, 614; Schlenger, a. a. O., S. 105). Es ist gerade nicht so, dass es sich bei der Finanzierung von Bauvorhaben durch Darlehen und Grundpfandrechte um ganz ungewöhnliche Umstände handelt, die sich einem durchschnittlichen Generalunternehmer nicht hätten aufdrängen müssen. Die Beklagten legen auch nicht dar, dass sie sich beim Bauherrn über die Art der Finanzierung des Bauvorhabens erkundigt hätten. Angesichts der erheblichen Baukosten in Höhe von ca. 1,8 Mio. DM hätte dies aber nahe gelegen. Selbst wenn sich die S-GmbH nicht ausdrücklich vertraglich zur Überwachung der Finanzierung des Bauvorhabens verpflichtet hat, muss sie sich doch in ihrer Eigenschaft als Generalunternehmer mit finanziellen Aspekten beschäftigen, die im Bereich des Bauherrn liegen. Immerhin muss der Generalunternehmer sicherstellen, dass er die vereinbarten Abschläge vom Bauherrn erhält, um seinerseits die Handwerker bezahlen zu können.

5. Der durch das pflichtwidrige Verhalten der Beklagten entstandene Schaden beläuft sich auf insgesamt 20 645,60 DM. Der Kläger hat schlüssig dargelegt, dass er einen fälligen Werklohnanspruch in dieser Höhe hat. a) Die Schlussrechnung des Klägers vom 17. 4. 1997 ist jedenfalls im Umfang von 20 752,00 DM prüffähig. Zwar hat der Kläger seiner Schlussrechnung kein Aufmass beigefügt, was grundsätzlich für die Prüfbarkeit erforderlich ist  (§ 14 Nr. 1 VOB/B). Die Beklagten haben aber in ihrem Schreiben vom 30. 4. 1997 ausgeführt, dass sie "nach Prüfung Ihrer Rechnung" einen geschuldeten Werklohn in Höhe von 20 752,00 DM brutto ermittelt haben. Durch dieses Verhalten haben die Beklagten auf die Übersendung eines Aufmasses zur Prüfung der Schlussrechnung verzichtet und gezeigt, dass sie jedenfalls im genannten Umfang in der Lage waren, die Rechnung nachzuvollziehen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger auch behauptet, dieses Schreiben erhalten zu haben. Unter diesen Umständen können sich die Beklagten nicht nachträglich mit Erfolg auf das Fehlen des Aufmasses berufen. b) Die Werklohnforderung des Klägers scheitert auch nicht an der fehlenden Abnahme. Zwar haben der Kläger und die S. eine förmliche Abnahme vereinbart, welche nicht erfolgt ist. Insofern ist aber zu sehen, dass zur Zeit der Fertigstellung der Arbeiten durch den Kläger über das Vermögen der S-GmbH bereits am 20. 6. 1997 das Konkursverfahren eröffnet worden war. Dieser besondere Umstand verringert die Anforderung an die Fälligkeit der Werklohnforderung. Eine förmliche Abnahme ist in einem solchen Fall schon deshalb entbehrlich, weil nicht ersichtlich ist, mit wem der Kläger eine Abnahme hätte durchführen sollen. Schließlich hat jedenfalls der Bauherr die Leistungen nach Fertigstellung durch den Kläger abgenommen. Aus Sicht des Klägers war der Bauherr faktisch der einzige Ansprechpartner für die Durchführung einer Abnahme. c) Nachdem dem Kläger aus seiner Schlussrechnung 20 752,00 DM zustehen, das Landgericht aber lediglich 20 645,60 DM zuerkannt und der Kläger sich dagegen nicht mit einem Rechtsmittel gewehrt hat, ist der geringere Betrag zugrunde zu legen. d) Von dem richtig errechneten Werklohn in Höhe von 20 752,00 DM waren allerdings 1 037,60 DM nur Zug um Zug gegen Übergabe einer Bürgschaft in dieser Höhe zuzusprechen. Insofern steht den Beklagten gem. § 13 Nr. 2 der Zusätzlichen Vertragsbedingungen ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % der Bruttoabrechnungssumme zu. 6. Die beiden Beklagten haften dem Kläger als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB).

 


zuletzt geändert am: 29.03.2004

PBS Planungsbüro Suhle