Gegenseitiger Bauwich

VG Halle, Urteil vom 20.07.1995 - 2 A 62/93

Zum Sachverhalt:

Der Kl. wandte sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Errichtung eines Wochenendhauses. Die Klage wurde abgewiesen.

Aus den Gründen:

Der Kl. kann sich nicht mit Erfolg auf die Verletzung von Rechten berufen, die sich aus Vorschriften ergeben, die zumindestens auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. § 113 I 1 VwGO).

Die angefochtene Baugenehmigung ist zwar rechtswidrig, weil diese unzutreffend im Lageplan - als Bestandteil der Baugenehmigung - von der Einhaltung eines Grenzabstandes von 3 m ausgeht, der ausweislich der Planunterlagen gar nicht eingehalten werden konnte. (Wird ausgeführt.)

Die Verletzung der nachbarschützenden Abstandsvorschriften verhilft dem Kl. aber nicht zum Erfolg seiner Klage. Denn der Kl. kann vom Beigel. nicht die Einhaltung eines größeren Grenzabstandes verlangen, als er ihn selbst einhält, weil ein nachbarliches Zusammenleben rechtlich nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass der Beigel. von der gleichen Freiheit Gebrauch macht, die der Kl. für sich in Anspruch genommen hat (vgl. OVG Lüneburg, BRS 18 Nr. 122). Entscheidend ist vielmehr, dass derjenige, der selbst den Grenzabstand nicht eingehalten hat, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsvorschriften beachtet (vgl. zu Vorstehendem insb.: OVG Lüneburg, BRS 42 Nr. 441). So liegt es hier aber. Der Kl. unterschreitet mit seinem Bungalow selbst deutlich den einzuhaltenden Mindestabstand von 3 m zum Grundstück des Beigel. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beträgt der Abstand nur etwa 1,20 bis 1,40 m. Dass das Gartenhaus des Kl. gleichwohl formell rechtmäßig sein mag und Bestandsschutz genießt, weil es bereits zu DDR-Zeiten errichtet worden ist, ändert an der tatsächlichen Inanspruchnahme des Bauwichs nichts. Es kommt auch nicht darauf an, ob diese Bebauung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist. Denn die Wechselbeziehung zwischen den Nachbarn würde auch bei einer rechtmäßig erfolgten Bebauung nicht durch die (rechtswidrige) Zulassung einer entsprechenden Bebauung auf dem Nachbargrundstück gestört.

Die Inanspruchnahme des Bauwichs durch den Kl. darf allerdings nicht dazu führen, dass er sich nunmehr gegen Bauwichverletzungen seines Nachbarn überhaupt nicht mehr wehren kann. Zu verlangen ist, dass der Bauwich des Nachbargrundstückes zumindest nicht stärker bebaut wird als der eigene (vgl. OVG Lüneburg, BRS 40 Nr. 113). Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht gegeben. Zwar ist das Vorhaben des Beigel. in den Maßen geringfügig größer und höher als der Bungalow des Kl. Doch hält der Beigel. auch einen größeren Grenzabstand ein als der Kl. Schließlich sind ausweislich des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Grundstücke im fraglichen Bereich derart schmal geschnitten, dass eine Einhaltung des Bauwichs jeweils in westlicher und östlicher Richtung die begehrte bauliche Nutzung sowohl für den Kl. als auch für den Beigel. ausschließen würde.

Der Kl. kann sich weiterhin nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des § 17 I DDR-BauO berufen. Danach müssen zwar bauliche Anlagen so beschaffen sein, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löschungsarbeiten möglich sind. Diese Vorschrift kann auch nachbarschützend sein (vgl. zum entsprechenden § 17 NWBauO: Boeddinghaus/Hahn, NWBauO, Stand: März 1994, § 17 Rdnr. 16 und § 69 Rdnr. 129 m.w. Nachw.); insbesondere wenn - wie hier - Gebäude auf benachbarten Grundstücken in verringertem Abstand unter Verletzung der Abstandvorschriften errichtet werden sollen (vgl. Boeddinghaus/Hahn, § 17 Rdnr. 16 und § 69 Rdnr. 129 m.w. Nachw.).

Aber auch in diesem Zusammenhang verbietet das dem Gebot der Rücksichtnahme zu entnehmende nachbarrechtliche Austauschverhältnis dem Kl., der selbst den einzuhaltenden Grenzabstand deutlich unterschreitet und dessen Bungalow überwiegend aus brennbarem Holz errichtet ist, von einem Nachbarn - hier dem Beigel. - unter Inanspruchnahme des Nachbarschutzes zu verlangen, dass dieser allein sein Vorhaben aus Baustoffen mit erhöhtem Feuerwiderstandswert errichten muss, damit das Risiko eines Brandes und ein Überspringen des Feuers auf seinen Bungalow vermindert wird, während umgekehrt der Beigel. die vom Wochenendhaus des Kl. infolge der Holzbauweise und der Nichteinhaltung des Bauwichs gleichfalls ausgehende Brandgefährdung hinzunehmen habe. Dies würde einer gleichmäßigen Lastenverteilung zwischen den Nachbarn nicht gerecht.

Aus den gleichen Gründen kann der Kl. auch aus § 29 I 1 DDR-BauO nichts für sich herleiten. Nach dieser Vorschrift sind Brandwände zum Abschluss von Gebäuden herzustellen, bei denen die Abschlusswand - wie hier - bis zu 2,50 m von der Nachbargrenze errichtet wird; es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden Gebäuden gesichert ist. Zwar sind diese Voraussetzungen erfüllt, weil der Abstand von der nordöstlichen Ecke des Vorhabens des Beigel. bis zur südwestlichen Ecke des Bungalows des Kl. etwa 3,40 m beträgt. Allerdings sind nach Satz 2 der Bestimmung für Wohngebäude geringer Höhe mit nicht mehr als zwei Wohnungen statt dessen feuerbeständige Wände zulässig, wobei Wände mit brennbaren Baustoffen gestattet werden können, wenn wegen des Brandschutzes Bedenken nicht bestehen. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls insoweit vor, als es sich bei den Wochenendhäusern um Gebäude geringer Höhe mit weniger als zwei Wohnungen handelt.

Davon unabhängig ist die Frage, ob die zuständige Bauaufsichtsbehörde in diesem Fall nicht gehalten ist, aus objektiv gebotenen Brandschutzgründen erneut zu prüfen, ob weitere Brandschutzauflagen sowohl hinsichtlich des Vorhabens des Beigel. als auch des Wochenendhauses des Kl. erforderlich sind.

Der Kl. kann sich des weiteren nicht mit Erfolg auf eine Verletzung des § 16 I DDR-BauO berufen, soweit diese Vorschrift überhaupt Nachbarschutz vermittelt. Gem. § 16 I DDR-BauO muss das Baugrundstück nach seiner Beschaffenheit für die bauliche Anlage so geeignet sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit, Schädlinge sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Dabei müssen die baulichen Anlagen so angeordnet und beschaffen sein, dass durch Einflüsse nach Abs. 1 Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen (§ 16 II DDR-BauO). Diese Bestimmung bezweckt in erster Linie den Schutz der baulichen Anlage selbst (vgl. Boeddinghaus/Hahn, § 69 Rdnr. 128 m.w. Nachw.). Sie dient vor allem auch der Forderung nach Dauerhaftigkeit baulicher Anlagen und deren Standsicherheit (Boeddinghaus/Hahn, § 16 Rdnr. 1).

Allerdings ist anerkannt, dass dieser Regelung grundsätzlich auch nachbarschützender Charakter zukommen kann (VGH München, BRS 47 Rdnr. 182). Soweit der Kl. vorträgt, die Standsicherheit des Vorhabens des Beigel. sei nicht gegeben, und insoweit auf Risse im Fundament des Vorhabens verweist, ist allerdings weder ersichtlich noch vorgetragen, inwiefern der Kl. hiervon betroffen oder gar gefährdet sein soll.

Wenn der Kl. ferner vorträgt, das Betreiben einer Ofenheizung führe zu Immissionen, so ist auch dies im Sinne dieser Vorschrift rechtlich ohne Belang. Denn unzumutbare Belästigungen, die nicht in konstruktiven Mängeln, sondern etwa in einer unzulässigen Nutzung der baulichen Anlagen ihre Ursache haben, werden von § 16 DDR-BauO nicht erfasst. Dafür ist auf die Vorschriften des Immissionsschutzrechtes und gegebenenfalls auf zivilrechtliche Abwehransprüche zu verweisen (vgl. Boedding-haus/Hahn, § 16 Rdnr. 6).

Auch soweit der Kl. sein Begehren auf die Verwendung von verwitterten Asbestplatten für die Dacheindeckung stützt, vermag dies seiner Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn nicht jede Beeinträchtigung durch chemische oder physikalische Einflüsse ist bauordnungsrechtlich i.S. des § 16 I DDR-BauO relevant, sondern nur solche, von denen unmittelbare Gefahren für die Gesundheit oder unzumutbare Belästigungen ausgehen (vgl. Boeddinghaus/Hahn, § 16 Rdnr. 4). Eine solche unmittelbare Gefährdung des Kl. ist nach Überzeugung der Kammer weder dargelegt noch ersichtlich. Nach dem zur Auslegung heranziehbaren § 3 Nr. 3a SachsAnhSOG liegt eine konkrete Gefahr erst bei einer Sachlage vor, bei der im einzelnen Falle die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit, wozu gem. § 3 Nr. 1 auch die Rechtsgüter des einzelnen, wie die Gesundheit, zählen, eintreten wird. Eine solche Fallgestaltung liegt indessen nicht vor.

Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung war - soweit die Montageanleitung für den Bungalow "Z" eine Dacheindeckung mit Wellasbestplatten vorsah - bei ordnungsgemäßer Verwendung nicht erkennbar, inwieweit hierdurch für den Kl., dessen überwiegende Grundstücksnutzung in dem, vom Standort des Vorhabens des Beigel. aus gesehen, schräg oberhalb gelegenen Wochenendhaus stattfindet, in absehbarer Zeit ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich werden könnte, dem nicht rechtzeitig durch geeignete technische Versiegelungsmaßnahmen im Rahmen einer entsprechenden bauordnungsbehördlichen Verfügung vorgebeugt werden könnte.

Darüber hinaus ist es dem Kl. verwehrt, sich auf eine Verletzung des Verunstaltungsgebotes (vgl. §§ 12, 13 DDR-BauO) durch das Vorhaben des Beigel. zu berufen, weil diese Vorschriften allein objektiv-rechtlichen Charakter haben und nicht dem Individualschutz des Nachbarn, sondern dem öffentlichen Interesse an der Wahrnehmung bestimmter Mindestanforderungen an das Landschafts- und Ortsbild zu dienen bestimmt sind (Boeddinghaus/Hahn, § 69 Rdnr. 12 m.w. Nachw.).

Auch der weitere Einwand des Kl., das Vorhaben des Beigel. sei rechtswidrig, weil es unzulässigerweise im Außenbereich liege und gegen den in § 35 BauGB normierten Schutz des Orts- und Landschaftsbildes sowie gegen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes verstoße, vermag ein anderes Ergebnis nicht zu begründen.

Da das Grundstück ... im Außenbereich liegt, beurteilt sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 35 BauGB. Diese Vorschrift vermittelt dem Kl. jedoch keinen Drittschutz.

Denn das in § 35 BauGB verankerte, allein nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme (vgl. Dürr, § 35 Rdnr. 179 m.w. Nachw.) wird durch das Vorhaben des Beigel. nicht verletzt. Dem Gebot kommt zwar grundsätzlich als öffentlicher Belang im Rahmen des § 35 III BauGB nur objektiv-rechtliche Bedeutung zu. Es kann aber nachbarschützende Wirkung entfalten, wenn in qualifizierter und zugleich individuali-sierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Dies gilt für diejenigen Ausnahmefälle, in denen zum einen die tatsächlichen Umstände handgreiflich ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen ist, und zum anderen eine besondere Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist (vgl. zu Vorstehendem: BVerwG, BRS 32 Nr. 155).

In Anwendung dieser Grundsätze ist aufgrund der von der Kammer vorgenommenen Abwägung der Interessen des Kl. und der Interessen des Beigel. eine das Rücksichtnahmegebot verletzende Beeinträchtigung der nachbarlichen Interessen des Kl. durch das Vorhaben des Beigel. nicht gegeben. Denn das nachbarliche Zusammenleben wird rechtlich nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Bauherr - hier der Beigel. - von der gleichen Freiheit Gebrauch macht, die der Nachbar zuvor für sich in Anspruch genommen hat und weiterhin in Anspruch nimmt (vgl. OVG Lüneburg, BRS 18 Nr. 122; st. Rspr. der Kammer: vgl. Beschl. v. 28. 4. 1994 - 2 B/94; Beschl. v. 26. 1. 1993 - 1 VG B 152/92). Zwar wird der Kl. durch die Bebauung des Nachbargrundstücks grundsätzlich in seiner Wohnruhe beeinträchtigt. Insbesondere ist er auch vermehrtem Einblick durch seiner Seite zugewandte Fenster des Bauvorhabens des Beigel. ausgesetzt. Ferner ist die Aussicht in südwestlicher Richtung von seiner Ter-rasse aus gemindert. Diese Beeinträchtigungen erreichen jedoch nicht den Grad ei-ner Unzumutbarkeit, zumal die Auswirkungen durch die hangabwärts versetzte Errichtung des Vorhabens des Beigel. für den Kl. gemindert sind. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Kl. selbst die gleiche kleingärtnerische Wochenendnutzung auf seinem Grundstück, insbesondere auch durch ein sehr dicht an der Grundstücksgrenze zum Beigel. hin errichtetes Wochenendhaus, ausübt. Damit nimmt der Kl. die gleichen Rechte in Anspruch, die er seinem Nachbarn verwehren möchte. Hierbei ist auch zu bedenken, dass die Grundstücke für eine bauliche Nutzung sehr schmal geschnitten sind. Für alle Nachbarn des kleingärtnerisch genutzten Hangs tritt damit eine verstärkte ortsübliche Belastung durch die enge Nachbarschaft auf, die sie im üblichen Maß hinzunehmen haben.

Der Kl. kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Vorhaben des Beigel. entspreche nicht den allgemeinen Anforderungen an bauliche Anlagen gem. § 3 DDR-BauO, insbesondere sei die Belichtung, Besonnung und Belüftung seines Grundstückes dadurch beeinträchtigt. Insofern ist ebenfalls auf das nachbarliche Austauschverhältnis zu verweisen; d.h. derjenige, der selbst die einzuhaltenden Grenzabstände unterschreitet - wie hier der Kl. - und damit sein Grundstück intensiv nutzt und nicht selbst für ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung seines Bauwerks sorgt, kann im Regelfall nicht aus Billigkeitsgründen die Einhaltung der Grenzabstandsflächen aus diesem Gesichtspunkt fordern (vgl. VGH München, BayVBl 1995, 22f.; VGH Mannheim, BRS 36 Nr. 191). So liegt es hier. Die beiden Gebäude stehen freistehend versetzt schräg am Hang "übereinander", so dass eine völlige und unzumutbare Verdunkelung der westlichen Hausseite des Wochenendhauses des Kl. nicht gegeben ist. Vielmehr besteht bei der Hangbebauung an einem Südhang - wie hier - generell ein kürzerer Schattenwurf. Eine wesentliche Verminderung der Belichtung und Belüftung ist durch das Bauvorhaben des Beigel. für den Kl. nach dem Eindruck der Beweisaufnahme für die Kammer jedenfalls nicht gegeben.

Von dem Vorhaben des Beigel. geht im Hinblick auf den Abstand zum Wochenendhaus des Kl., seine Größe, Form und Höhe auch keine erdrückende Wirkung aus, wenngleich das Vorhaben des Beigel. mit einem Vollgeschoß von etwa 30 qm und einem "Keller" insgesamt etwas größer ist als die vorherrschende Bebauung mit Gartenlauben und Geräteschuppen. Jedoch stellt sich das Vorhaben des Kl. selbst nicht als wesentlich kleiner dar.

Der Kl. dringt schließlich nicht mit seinem Einwand durch, er sei nicht hinreichend am Baugenehmigungsverfahren beteiligt worden. Gem. § 69 I DDR-BauO sind die Eigentümer benachbarter Grundstücke nach den Absätzen 2 bis 4 der Vorschrift zu beteiligen. Nach § 69 II DDR-BauO soll die Bauaufsichtsbehörde - hier der Bekl. - die Nachbarn vor Erteilung von Befreiungen benachrichtigen, wenn zu erwarten ist, dass öffentlichrechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt werden. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Denn die Vorschrift sieht eine Beteiligung der Nachbarn damit nur bei Dispensfällen vor (vgl. Boeddinghaus/Hahn, § 69 Rdnrn. 2 und 12). Der Bekl. hat mit der Baugenehmigung aber keine Befreiung von zwingenden baurechtlichen Vorschriften erteilt.

Auch aus den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes folgt insofern nichts anderes, sofern man davon ausgeht, dass diese Vorschriften neben der Vorschrift des § 69 DDR-BauO überhaupt anzuwenden sind - was hier letztlich offenbleiben kann (vgl. dazu: Boeddinghaus/Hahn, § 69, Begr. zu § 69 NWBauO sowie § 69 Rdnr. 12). Ein Beteiligungsrecht gem. § 13 II 2 VwVfG steht dem Kl. auf Antrag nur zu, wenn der Ausgang des Verfahrens auf ihn als Dritten rechtsgestaltende Wirkung hat. Eine derartige rechtsgestaltende Wirkung hat die dem Beigel. erteilte Baugenehmigung für den Kl. jedoch nicht. Insbesondere ist der Bekl. offenbar davon ausgegangen, dass die Grenzabstände eingehalten werden. Nach § 13 II 1 VwVfG kann die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Damit ist der Behörde ein Ermessen eingeräumt, dessen Ausübung durch die Nichtbeteiligung des Kl. hier im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, weil die Interessen des Kl. etwa im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes berührt sein mögen, diese die Erteilung der Baugenehmigung aber - wie dargestellt - nicht gegenüber dem Kl. rechtswidrig machen. Dann ist es jedoch nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde den Kl. als Nachbarn nicht zum Verfahren hinzugezogen, sondern davon abgesehen hat.

Aus den gleichen Gründen kommt dem Kl. auch kein Anhörungsrecht gem. § 28 I VwVfG zu. Hier ist Voraussetzung, dass der zu erlassende Verwaltungsakt in Rechte eines Beteiligten eingreift (§ 28 I VwVfG). So verhält es sich aber nicht. Der Kl. ist kein Beteiligter gem. § 13 VwVfG und die angefochtene Baugenehmigung greift auch nicht in seine Rechte ein.

 


zuletzt geändert am: 11.10.2016

PBS Planungsbüro Suhle